Für die Pflegeheime in Bayern gilt ab Juli ein Mindestpersonalschlüssel. Mit dieser Verordnung wollen sich Heimbetreiber jedoch nicht so ohne weiteres abfinden. Vor allem die Geschäftsführung und Leitung des BRK Seniorenhaus in Kronach, dem letztlich diese Verordnung zuzuschreiben ist, scheint nach wie vor überzeugt, dass drei Pflegekräfte im Nachtdienst, bei 155 Pflegebedürftige, die in zwei Häusern und 7 Etagen untergebracht sind, eine „hochwertige Pflege“ leisten können. Die Regionalpresse hat dazu mehrfach ausführlich berichtet.
Zeitungsbericht „Die neue Regelung stößt auf Skepsis“: np-kc-erbitterter-streit-um-nachtwachen-07-03-2015
Auch der Personalrat bezieht Stellung im Sinne der Geschäftsführung Neue Presse KC – BRK Personalrat (14.03.2015) Die beiden Personalratsmitglieder, die sich in dem Artikel äußern, sind selbst nicht in der Einrichtung tätig, sondern im Rettungsdienst des BRK. Sie waren außerdem nicht direkt beteiligt an den Auseinandersetzungen. Dennoch sind sie überzeugt, dass in der Einrichtung „hochwertige Pflege“ geleistet wird. Diese Darstellung konnte nicht unwidersprochen bleiben. Meine Gegendarstellung vom 16.03.2015: NP_Kronach_Nachtdienst , erschien tags darauf in verkürzter Form : np-kc-Unterbesetzung__-17-03-2015
Die Zeitung Fränkischer Tag hat sich ebenfalls mit dem Streit befasst, wenn auch eher einseitig zu Gunsten der Einrichtung. Aber immerhin wurde dieser Leserbrief abgedruckt: ft-kc-leserbrief-sabine-baetz-16-03-2015
Am Nachmittag, nach Erscheinen unserer Gegenstellungnahmen meldete sich ein Zeitungsleser, mit diesen Informationen:
„Ich arbeite in der Notaufnahme einer Klinik im Nachtdienst, in die auch Bewohner des BRK Seniorenhaus Kronach eingeliefert werden. ….. Bei den Einlieferungen zwischen 5:00 und 7:00 Uhr in der Früh handelt es sich zu 90 Prozent um BewohnerInnen aus den umliegenden Altenheimen. Haupteinweisungsgrund sind Stürze. Nach Auskunft der Sanitäter, die diese Patienten bringen, hören wir fast immer die gleiche Geschichte: Bewohner wurde auf dem Boden liegend beim Rundgang der Nachtwache im Heim vorgefunden. Wie lange er dort lag, könne man nicht genau sagen. Jedoch höchstens zwei Stunden. Diese Patienten sind meist stark unterkühlt, bibbern und frieren. Wir haben hier extra für solche Fälle einige Decken im Wärmeschrank. Bevor irgendetwas untersucht wird, müssen wir die armen Leute erst einmal aufwärmen. Manche sind so stark unterkühlt, dass man davon ausgehen muss, dass sie mehr als zwei Stunden ohne Decke auf dem Boden gelegen haben. Einige sind auch noch soweit klar, dass sie schildern können, wie es passiert ist und wie lange sie vergeblich auf Hilfe gewartet haben. Viele haben nur leichte Schürfwunden und Hämatome, so dass sie nicht stationär aufgenommen werden müssen. Andere haben sich etwas gebrochen, am häufigsten Oberschenkelhalsfrakturen aber auch Beckenringfraktur, Wirbelbrüche etc.“ Außerdem und das zeugt ebenfalls von dem Zeitdruck unter denen die Nachtwachen in den Heimen stehen: “ Nicht selten komme es vor, dass das vom Heim mitgegebene Informationsblatt unvollständig ausgefüllt ist oder die Informationen nicht übereinstimmen mit den Angaben auf der Versicherungskarte. Wenn wir in dem betreffenden Heim um diese Zeit anrufen, weil uns wichtige Informationen fehlen oder um Bescheid zu geben, dass der Bewohner nach der Erstversorgung in der Notaufnahme wieder zurück ins Heim kann, geht oft gar niemand dran oder nur der Anrufbeantworter.“
Ähnliches bestätigen auch Notärzte und Mitarbeiter im Rettungsdienst immer wieder: Beim Eintreffen im Heim müssen diese nicht selten warten bis jemand kommt der halbwegs informiert ist und etwas zur Krankengeschichte und Situation des Bewohners sagen kann. Es kommt sogar vor, dass niemand da ist, der eine brauchbare Auskunft geben kann. Bei Mehrbettzimmern, wenn der Name nicht am Bett steht und auch Mitbewohner keine Auskunft geben können, kommt es leicht zu Verwechslungen, etwa bei der Verabreichung von Medikamenten. Solche Verwechslungen können schwere bis tötliche Folgen haben. Aber wen interessiert das schon? Die Menschen in den Heimen sind alt, sie haben ihr Leben gelebt. Und wenn es denn sein soll, dass sie bei einem Rundgang auf dem Boden liegend vorgefunden werden, anschließend operiert werden müssen oder eine Lungenentzündung erleiden, dann gehört das nun einmal dazu. Wer zweimal gestürzt ist ohne daran zu sterben, muss damit rechnen für den Rest seines Lebens im Bett angebunden zu werden, natürlich zu seiner eigenen Sicherheit.
Anmerkung:
Das Beitragsbild stammt aus einem Artikel der Abendzeitung München von 2008, über die Unterfinanzierung der Nachtdienste in der Notaufnahme von Kliniken. Diesen könnte man ergänzen durch den Hinweis auf die negative Wechselwirkung der Sparpolitik in den Heimen: Weil Heimbewohner keine ausreichende Hilfe erhalten, kommt es vermehrt zu Unfällen und anderen akuten Ereignissen, die dann in den Kliniken einen höheren Personaleinsatz erfordern. Ergo wird die Krankenhausbehandlung teurer. In den vermutlich allermeisten Fällen von Krankenhauseinweisungen aus Heimen, dürfte es sich um Notfallereignisse handeln, die bei ausreichender Fürsorge, fachkundiger Beobachtung und Zeit für individuelle Betreuung verhindert werden können, einschließlich der Schmerzen und Ängste denen diese Menschen ausgesetzt sind.
Hinweis auf Fernsehsendung:
Bayerische Fernsehen: „Die Story“ Nachts im Pflegeheim Der für den 25.03.2015 vorgesehene Sendetermin wurde kurzfristig verschoben!
Report Mainz hat das Thema ebenfalls aufgegriffen. Der Beitrag: Riskante Nächte im Pflegeheim, wird am 14. April – 21.45Uhr in der ARD gesendet.
Ich arbeite im Nachtdienst in einem Alten-und Pflegeheim Seniorenresidenz!
Ich bin“ nur“ KPH,aber habe auch schon die Arbeiten einer PFK erledigen müssen.Wir sind zur Zeit zu dritt für ca. 186 Bewohner und müssen uns auch noch
auf SIS umstellen,ein Teil alte Aktenführung,anderer Teil „vivendi“,oder?Shit!!!
Das ist so in der GPR-Seniorenresidenz.
Das mit dem Schlüssel ist die eine Sache. Die Frage ist dann, wie die Realität aussieht. Als Angehörge weiß ich, wie es nachts auf der Dementenstation aussieht. Ich sehe in reinen Dementenstationen weniger einen geschützten denn einen ungeschützten Bereich. Da, wo Menschen vergessen, sie nicht als Zeuge aussagen können, wird es gefährlich, denn bei denen kann man einsparen.
Wenn man wegen Personalmangel nicht überall sein kann, muss man nirgendwo sein. Gerade auf Dementenstationen muss es auch nachts Kontrollen geben. Und wer könnte das veranlassen? Das sollte ein unabhängiger Altenbeauftragter bzw. Dementenbeauftragter sein. Einen unabhängigen Beauftragten haben wir für die Soldaten: den Wehrbeauftragter. Der kann Kasernen inspizieren und setzt sich für die Soldaten ein, deren Ansprechpartner er ist. Sehr empathisch auch die Frau von der Leyen. Sie kommt halt an den Erkenntnissen, die auch der Wehrbeauftragte hat, nicht vorbei: „Gewehre untauglich.“