Bewohner nachts ausgesperrt

Einem verwirrten Bewohner  gelingt es während des Nachtdienstes  unbemerkt das Heim zu verlassen.  Anwohner  entdecken ihn und rufen die Polizei. Diese bringt ihn zum Heim, kann ihn jedoch nicht abliefern, weil alle Türen verschlossen sind und die Klingel  von der Nachtwache nicht gehört wird.   Die  Pflegedienstleiterin  reagiert entrüstet und will den nachtdiensttuenden Pfleger kündigen.  Der Fall landet  beim Landesarbeitsgericht in Hamm. Das Gericht sieht  jedoch keinen Grund zur fristlosen Kündigung des Pflegers.

Nähreres zum Fall siehe Rechtsdepesche vom 24.Juli 2019.

Wir greifen diesen Fall hier auf, um zu zeigen, dass eigentlich Heim- und Pflegedienstleitung auf die Anklagebank gehören.   Denn diese haben die Nachtdienstbesetzung zu verantworten.  Soweit aus dem Bericht ersehen werden kann, war nur eine Pflegefachkraft – plus vermutlich eine Hilfskraft – eingesetzt;  für ein Haus mit fünf Stockwerken und  92 Bewohnern.   Bei dieser Besetzung sind die Bewohner jede Nacht Gefahren ausgesetzt, weil es schlicht unmöglich ist, mitzubekommen, was auf den Etagen gerade passiert die unbeaufsichtigt sind.  Dass jemand das Haus verlässt kommt eher selten vor, weil sämtliche Außentüren normalerweise abgeschlossen sind.  Groß  ist hingegen die Gefahr von Stürzen, die erst viel später bemerkt werden.  Auch andere Notfälle werden oft erst bemerkt, wenn jede Hilfe zu spät kommt.  In der Dokumentation werden Ereignisse, die es eigentlich nicht geben dürfte, möglichst so dargestellt, dass daraus im Klagefall keine Aufsichtspflichtverletzung hergeleitet werden kann.

Staatsanwälte und Gerichte müssten in solchen Fällen immer die Frage nach der tatsächlichen Aufsicht stellen.   Vor allem in den Bundesländern, in denen es jedem Heimleiter überlassen bleibt, wie er die Nachtdienste besetzt.   Man stelle sich vor, die Nachtwache  ist gerade im fünften Stock beschäftigt, als es am Eingang klingelt.  Selbst wenn sie dann sofort den Bewohner  stehen und liegen lassen würde, um den sie sich gerade kümmert, dauert es bis sie unten sein kann, zumal wenn sie nachts den Aufzug nicht benutzen darf.

Der Fall bestätigt außerdem, dass Pflegekräfte im Nachtdienst damit rechnen müssen, dass  alleine sie zur Verantwortung gezogen werden, wenn Bewohner zu Schaden kommen.  Darum appelliere ich an alle Nachtdienstler*innen,  darauf zu bestehen, dass Mindesstandards eingehalten werden.  Bezogen auf die vorgenannte Einrichtung mit 92 Plätzen  müssten drei Nachwachen – davon zwei Fachkräfte, regelmäßig im Nachtdienst eingeplant werden.  Eine Fachkraft müsste speziell geschult sein, damit sie weiß, was im  Notfällen zu tun ist, alleine schon um den Brandschutz gewährleisten zu können.

1 Kommentar

  1. Hallo,
    man kann eigentlich um diesen Beruf nur einen riesengroßen Bogen machen. Bin selbst Altenpflegerin und werde mit immer mehr Hürden konfrontiert. Hallo Politik regt euch, denn ihr werdet auch mal alt, verwirrt und an den Rand der Gesellschaft geschubst.

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